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Ist Kaffee männlich oder weiblich?

Diese Frage war jetzt eigentlich nicht grammatisch gemeint, das wäre ja zu einfach: Kaffee, der, masculinum (=männlich). Obwohl, eine Überlegung ist das auch wert: Ob das in anderen Sprachen auch so ist? Ich habe einmal ein wenig recherchiert und bitte eventuelle Fehler zu verzeihen und fordere Sie hiermit freundlich dazu auf, im Kommentar gegebenenfalls zu korrigieren und zu ergänzen.

Im Französischen und auch im Spanischen und im Portugiesischen ist der Kaffee eindeutig ebenfalls maskulin: le / el / o café; und auch im Italienischen: il caffè. Aber schon unser Nachbar Schweiz verwendet für das Getränk durchaus den neutralen (= sächlichen) Artikel: e guets kaffee (etwa: ein gutes Kaffee). Tatsächlich war auch in unseren Landen - in früheren Zeiten, d.h. vor mehr als 250 Jahren - noch die englische Version "coffee" üblich - und dann eben auch mit gern einem "das" als Artikel [1]. Spätestens unsere Dichterfürsten verwendeten den Kaffee männlich: „der liebe melancholische kaffee!“ (Lessing: Minna von Barnheim) oder: „dahin lasz ich mein tischchen aus dem wirtshause bringen und meinen stuhl, trinke meinen kaffee da und lese meinen Homer“ (Goethe).

Für die Russen ist Kaffee ebenfalls männlich, für Polen (kawa) dagegen: femininum = weiblich. Im Vatikan (kirchenlatein) wird das neutrale cafeum verwendet, und auch die Dänen sind offenbar der Meinung, Kaffee (kaffe) sei fælleskøn, also Utrum, was so viel wie gemeinschaftliches Geschlecht bedeutet; Japaner wiederum (cohi) benutzen gar keinen Artikel.

Kommen wir einmal zurück zur Eingangsfrage: Wie würden Sie Kaffee einstufen? So einen Test kann man wahrscheinlich am besten in einem Sprachraum (wie dem englischen) machen, in dem bekanntlich die drei grammatischen Artikel „the“, „the“ und „the“ lauten – da lenkt nichts von der eigentlichen Frage ab, da ist noch (fast) nichts sprachlich festgelegt.

Mitarbeiter der Rutgers University, New Jersey, haben einmal genau dies anhand einer sehr langen, durcheinander gewürfelten Wörterliste mit Studenten verschiedener US-Hochschulen (insgesamt 130 männliche und 226 weibliche) getan. Die Wörter sollten eingeordnet werden auf einer 5er-Skala (1= ganz klar feminin, 3 neutral, und 5 maskulin, mit zwei Zwischenstationen) [2]. Es wurde festgestellt, dass z.B. Begriffe wie Regenbogen, Garten, Himmel, Verständnis und Champagner (natürlich in der englischen Übersetzung) eher als weiblich eingestuft wurden, Begriffe wie Schach (fast noch neutral), Lokomotive, Sport und insbesondere Pistole und Bier waren für die Testpersonen irgendwie eher männlich. Kaffee aber galt der Mehrheit als eindeutig neutral - ebenso wie Begriffe wie Wald, Freiheit oder Strand oder auch Wasser, Apfel, Butter und Nudel. „Weiblichste“ Begriffe waren übrigens Ehefrau und Prinzessin, „männlichste“ Bruder und Onkel.

Neutral? Ich schiebe das Ergebnis jetzt einmal auf die Unerfahrenheit der überwiegend jüngeren Befragten. Oder ich unterstelle mal eben einfach, dass nicht genügend wahre Kaffeetrinker unter den Befragten waren (keine Angaben in der Arbeit hierzu). Zufrieden geben mag ich mich mit dem Urteil „neutral“ jedenfalls nicht.

Womöglich einen Schritt weiter in der Frage der Personifizierung des Kaffees (eher männlich - oder doch weiblich?) könnte man kommen, wenn man sich bewusst den durch Kaffee auslösbaren Emotionen stellt. Kürzlich haben sich Forscher der Kansas State University genau darum bemüht [3]. Ergebnis: Die unterschiedlichen Kaffees lösten dabei allgemein bekannte Kaffee-Gefühle aus, wie „aktiv“, „neugierig“, „frei im Kopf“, „motiviert“, „entspannt“, „enttäuscht“, „befriedigt“, und „sozial“ – soweit eigentlich erst einmal nichts Neues. Kommt es doch schon einmal vor, dass z.B. der Kaffee an der Raststätte nicht ganz so toll schmeckte, wie es das Werbeplakat versprach; oder man erinnert sich an den Espresso, nach dem Essen beim Italiener, der alles perfekt abrundete, und jetzt doch noch Lust auf einen „Absacker“ in der Bar um die Ecke macht? Überraschenderweise brachte die Untersuchung aber auch Gefühle zutage, die man im Zusammenhang mit Kaffee nicht gleich auf dem Zettel gehabt hatte: „genervt“, “gelangweilt“, „gebildet“ („educated“), „experimentell“, „schuldig“, „griesgrämig“ („grouchy“)„besorgt“, „verstehend“ („understanding“), „zärtlich“ oder gar „wild“. Einen echten Kaffee-Connaisseur wird das nicht weiter verwundern, sondern er wird wissend („understanding“) nicken und sagen, ja das habe ich auch schon alles erlebt – und man mag sich fragen, spricht er/sie jetzt noch vom Kaffee oder doch von einer bestimmten Person?

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1. Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. online version ed. 1971, Leipzig 1854-1961.

2. Crawford, J., et al., Champagne, beer, or coffee? A corpus of gender-related and neutral words. Behavior Research Methods, Instruments, & Computers, 2004. 36(3): p. 444-458.

3. Bhumiratana, N., K. Adhikari, and E. Chambers Iv, The development of an emotion lexicon for the coffee drinking experience. Food Research International, 2014. 61: p. 83-92.