Kaffee & Leidenschaft
Karneval, Kaffee & Kater

Reduziert Koffein den Alkoholpegel?

Hallo, ich bin Dr. Gerhard Bytof und in der Abteilung Forschung und Entwicklung Kaffee beschäftigt. Ich hatte ja gehofft, beim letzten Blogbeitrag das Thema Koffein und Hangover elegant umschifft zu haben. Jetzt steht der Fasching vor der Tür, die nächste Party kommt bestimmt, und die Frage nach der Wirkung von Koffein bei einem kapitalen Kater (neudeutsch: Hangover) habe ich immer noch nicht beantwortet. Neulich hatten wir bei Tchibo Weihnachtsfeier, und einige Kollegen (natürlich alle auch fleißige Tchibo Blog-Leser) kamen prompt zwischen Bratwurst und Glühwein mit einem: “Was Ich Sie eigentlich noch fragen wollte…“, auf mich zu.

Jeder hatte so sein eigenes Rezept und wollte meine Meinung dazu, was denn nun helfe, etwa das berühmte Katerfrühstück: Kaffee und saurer Hering – oder: Der Engländer versuche es doch traditionell mit dem „hair of the dog that bit you“, usw.

Wieso Hundehaar? Im Mittelalter meinte man, „ein Haar des Hundes, der einen gebissen hatte“, in die Wunde gelegt, beschleunige den Heilungsprozess - soll dementsprechend heißen, den Kater am Morgen bekämpfe man morgens am besten mit einem Drink von der Sorte des Vorabends. Von Alkohol als Kater-Gegenmittel halte ich allerdings nicht viel; denn Alkohol entzieht dem Körper Flüssigkeit, und der verkaterte Körper samt Dröhnschädel braucht jetzt eher Elektrolyt- und Flüssigkeitsausgleich. Für ersteres würde in der Tat der Rollmops sorgen (wenn man ihn denn runterkriegt) und der Kaffee kann zur Flüssigkeitsaufnahme dienen - ist er doch seinen unverdienten Ruf als Flüssigkeitsräuber längst los [1-4].

Das Kaffeegetränk besteht zwar hauptsächlich aus Wasser, doch enthält es natürlich auch Koffein - und exakt dieser Frage, welchen Effekt Koffein auf einen Hangover hat, wurde in zwei wissenschaftlichen Studien nachgegangen [5, 6]. In Utrecht (NL) machten 549 junge Studierende Angaben darüber, welche Getränke sie zu sich genommen hatten, bevor sie ihren letzten Kater erlitten, insbesondere, ob sie zusätzlich zu den alkoholischen Getränken auch koffeinhaltige konsumiert hatten. In Boston (USA) tranken 28 Studierende mit Koffein versetztes Bier (angeblich ohne Geschmacksauswirkung, dabei ist Koffein sehr bitter) und 36 Bier ohne Koffein.

Die Fragen lauten nun: Wer hatte den dollsten Kater? Die „Alkohol-Koffein-Kombinierer“ oder die „Koffeinfreien“? Und: Wie misst man so etwas?

Letzteres ist ein echtes Problem, denn aus medizinischer Sicht stellt der Kater/Hangover ein sehr komplexes Syndrom dar [7, 8], somit steht leider kein einzelner, objektiv auswertbarer Biomarker zur Verfügung. Die Studenten mussten folglich subjektiv die Schwere ihres Katers auf einer Akuten Hangover Skala einschätzen [9] – gut, ich meine, letztendlich geht es ja hierbei um persönliches Elend, und wer sollte dies besser beurteilen können als man selbst?

Welchen Effekt hatte nun Koffein? Das übereinstimmende Ergebnis beider Studien: Der gleichzeitige Konsum von Koffein und Alkohol führte zu keinen anderen Symptomen als der Konsum von vergleichbaren Mengen Alkohol allein. Mit anderen Worten: Weder schien Koffein einen Einfluss auf das generelle Auftreten des Hangovers zu haben, noch auf dessen Ausprägung. Um den Kater zu vermeiden hilft also wohl nur eines: Maß halten!

Und die Tasse Kaffee am Morgen danach – mit oder ohne Rollmops - mag helfen (s.o.), wenn die guten Vorsätze wieder einmal nichts genutzt haben.

Ach übrigens: was Koffein bei alkoholisierter Autofahrt angeht – auch das ist wissenschaftlich untersucht worden [10]: Nein, Koffein hebt die beeinträchtigende Wirkung von Alkohol auf das Autofahren nicht auf! Es gilt daher selbstverständlich stets die Regel: Nach Alkoholgenuss bitte nicht ans Lenkrad setzen!

Einen habe ich noch: In den USA gab es vor kurzem eine Studie über den Einfluss der Kombinierung von Koffein und Alkohol auf das Sexualverhalten junger Studierende [11]. Da ich mich jedoch nicht des Eindrucks erwehren kann, dass in dieser Arbeit weniger der wissenschaftliche als der moralische Anspruch im Vordergrund stand, möchte ich hier auf weitere Ausführungen dazu verzichten. Vielleicht erzähle ich ja nach der Weihnachtsfeier 2014 mehr darüber?

  • Wie sind Ihre persönlichen Erfahrungen mit der Verbindung Kaffee und Alkohol? Ich freue mich auf Ihren Kommentar!

 

[1] Armstrong, L. E., Pumerantz, A. C., Roti, M., Judelson, D. A., et al., Fluid, Electrolyte, and Renal Indices of Hydration During 11 Days of Controlled Caffeine Consumption International Journal of Sport Nutrition and Exercise Metabolism 2005, 15, 252-265.

[2] Grandjean, A. C., Reimers, K. J., Bannick, K. E., Haven, M. C., The effect of caffeinated, non-caffeinated, caloric and non-caloric beverages on hydration. Journal of the American College of Nutrition 2000, 19, 591-600.

[3] Ruxton, C. H. S., The impact of caffeine on mood, cognitive function, performance and hydration: a review of benefits and risks. Nutrition Bulletin 2008, 33, 15-25.

[4] Killer, S. C., Blannin, A. K., Jeukendrup, A. E., No Evidence of Dehydration with Moderate Daily Coffee Intake: A Counterbalanced Cross-Over Study in a Free-Living Population. PLoS ONE 2014, submitted.

[5] Penning, R., de Haan, L., Verster, J. C., Caffeinated drinks, alcohol consumption, and hangover severity. The Open Neuropsychopharmacology Journal 2011, 4, 36-39.

[6] Rohsenow, D. J., Howland, J., Alvarez, L., Nelson, K., et al., Effects of caffeinated vs. non-caffeinated alcoholic beverage on next-day hangover incidence and severity, perceived sleep quality, and alertness. Addictive Behaviors 2014, 39, 329-332.

[7] Penning, R., van Nuland, M., Fliervoet, L., Olivier, B., Verster, J. C., The pathology of alcohol hangover. Curr Drug Abuse Rev 2010, 3, 68-75.

[8] Swift, R., Davidson, D., Alcohol hangover. Alcohol Health Res. World 1998, 22, 54-60.

[9] Rohsenow, D. J., Howland, J., Minsky, S. J., Greece, J., et al., The Acute Hangover Scale: A new measure of immediate hangover symptoms. Addictive Behaviors 2007, 32, 1314-1320.

[10] Howland, J., Rohsenow, D. J., Arnedt, J. T., Bliss, C. A., et al., The acute effects of caffeinated versus non-caffeinated alcoholic beverage on driving performance and attention/reaction time. Addiction 2011, 106, 335-341.

[11] Miller, K. E., Alcohol Mixed with Energy Drink Use and Sexual Risk-Taking: Casual, Intoxicated, and Unprotected Sex. Journal of Caffeine Research 2012, 2, 62-69.