Detox (3): Entgiftung in der Textilindustrie

Closed Loop: Wie schafft man einen geschlossenen Stoffkreislauf?

Wäre es nicht schön, wenn sich alle Produkte nach dem Prinzip der Natur in einem immer wiederkehrenden Kreislauf befänden? Die Baumwolle biologisch angebaut würde, das T-Shirt mehrfach weitergegeben und am Ende seines langen T-Shirt-Lebens zu neuen Fasern recycelt? Oder, wenn notwendig, im Kompost verwertet würde – und dort als Erde Nahrung für neue Pflanzen wäre? Wenn keine Abfälle anfielen und wertvolle Rohstoffe für zukünftige Generationen erhalten blieben? An diesem Zukunftsthema arbeiten im Rahmen unseres Detox-Projektes Tina Dettmer und Sarah Herms.

Closed Loop

Tina Dettmer (links im Bild) ist Geoökologin und promovierte im Maschinenbau. Nach 14 Jahren in der Abteilung Lifecycle Engineering an der TU Braunschweig freuen wir uns seit zwei Jahren bei Tchibo über Tinas Fachwissen. Das Duo vollendet Sarah Herms (rechts), die sich schon in ihrem Masterstudium in Delft mit dem Thema „Closed Loop“, beziehungsweise der Frage beschäftigt hat, wie man die Wirtschaft kreislauforientiert gestaltet.

Tina und Sarah, geschlossene Stoffkreisläufe: Hört sich toll an, wie passt das zu Tchibo?

Tina Dettmer: Der verantwortungsvolle Umgang mit Ressourcen ist ein zentraler Bestandteil der nachhaltigen Ausrichtung von Tchibo. Dazu gehört es, Materialkreisläufe so zu gestalten, dass die globalen Ressourcen besser erhalten werden. Bei Tchibo steht der gesamte Lebensweg der Produkte im Fokus: von der Rohstoffgewinnung über die Produktherstellung und Nutzung bis zur Verwertung der Produkte.

Wie geht ihr da vor?

Sarah Herms: Wir gucken uns jede Produktkategorie im Detail an und prüfen, wie wir die „Closed Loop-Eignung“ der Produkte erhöhen können. Grundsätzlich geht es um drei Kernthemen: die Nutzung recycelter Materialien, die Langlebigkeit der Produkte und die Recyclingfähigkeit.

Habt Ihr Beispiele?

Sarah Herms: Bei Möbeln steht das Thema Nutzung ganz vorne. Möbel werden lange verwendet – dafür möchten wir langlebige Produkte anbieten mit einem Service, der es ermöglicht, einzelne Teile auszutauschen, zu reparieren oder wieder aufzuwerten.

Tina Dettmer: Bei Bekleidungstextilien prüfen wir den Einsatz recycelter Materialien. Zum Beispiel können bei Sportbekleidung recycelte Synthetikfasern eingesetzt werden. Fasern zirkulieren damit länger im System und der Erdöl-Verbrauch, der für die Faserproduktion benötigt wird, wird reduziert. Bei Heimtextilien, wie Bettbezügen, die aus Naturfasern bestehen, sollte - neben dem nachhaltigen Anbau - die Langlebigkeit im Vordergrund stehen. Zum Beispiel setzen wir bereits hochwertige Reißverschlüsse ein, damit die Kunden lange Freude am Produkt haben.

Sarah Herms: Deko-Materialien oder Kaffeekapseln werden nur für einen kurzen Zeitraum genutzt – umso wichtiger, dass die eingesetzten Materialien am Ende des Tages auch weiter verwertet werden können.

Welche Weiterverwertungs- oder Rücknahmeprozesse sind denn vorstellbar?

Sarah Herms: Wir möchten unseren Kunden Tipps & Tricks an die Hand geben, wie Produkte repariert oder neu gestaltet werden können. Dazu bieten wir zum Beispiel erste Tutorials an und weisen auf unsere Reparaturservices hin. Der Trend geht ja glücklicherweise wieder dahin, Produkten mehr Wertschätzung entgegen zubringen. Wenn ein Produkt letztendlich entsorgt werden soll, ist es wichtig, unseren Kunden bequeme Recyclingwege zu bieten. Man möchte nicht weit fahren, um alte Elektrogeräte oder Altkleider zurückzubringen. Das muss in der Nähe möglich sein. Deswegen setzen wir bei der Rücknahme von Produkten auf Kooperationen mit anderen Unternehmen, um möglichst viele Rückgabestellen bereitzustellen.

Was sind denn die größten Herausforderungen für Euch?

Tina Dettmer: Eine Herausforderung ist, dass wir für recycelte Materialien neue Lieferketten aufbauen müssen. Um zum Beispiel ein Laufshirt mit recycelten Fasern anzubieten, brauchen wir daher mehr Zeit für die Entwicklung. Eine weitere Herausforderung ist, dass die Preise für recycelte Fasern in der Regel höher sind. Es gibt aber bereits viele Menschen, die bereit sind, einen leicht höheren Preis für ein ressourcenschonenderes Produkt zu bezahlen. Und diese Bereitschaft wird künftig sicherlich steigen. Dazu wollen wir einen Beitrag leisten, indem wir entsprechende Sortimente anbieten und vermarkten.

Welche spannenden „Closed Loop“ Produkte wurden denn schon umgesetzt?

Sarah Herms: Im letzten Herbst haben wir unser Closed Loop Männer T-Shirt auf den Markt gebracht, bei dem wir den Lebensweg bis zur Entsorgung mitgedacht haben. Daran haben wir zum Beispiel gelernt, welche Voraussetzungen ein T-Shirt erfüllen muss, um – nach hoffentlich häufiger Nutzung – auch verwertet werden zu können. Im Januar haben wir Bürsten aus wiederverwertetem Kunststoff angeboten, der zum Beispiel auch beim Recycling von unseren Kaffee-Kapseln entsteht. Das ist möglich, weil unsere Kaffeekapseln Cafissimo und Qbo so produziert sind, dass sie über den Gelben Sack oder die Gelbe Tonne recycelt werden können.