Nanda Bergstein Head of Vendoor Relations mit Anschreiben
Mensch & Verantwortung

Textilindustrie sucht Dialog mit der Regierung in Kambodscha

Acht große Textilunternehmen, darunter C&A, Inditex, H&M und Tchibo, haben sich in einem Brief an die kambodschanische Regierung und den nationalen Arbeitgeberverband gewendet. Mit dem Schreiben wollen die Unterzeichner den Dialog für eine Verbesserung von Arbeitsbedingungen in der Textilbranche Kambodschas weiter voranbringen.

Vier Fragen an Nanda Bergstein, Head of Vendor Relations and Sustainability Non Food bei Tchibo:

Worum geht es in der Initiative, was sind die konkreten Forderungen?

Kern der Initiative ist es, den Beschäftigten in der Textilindustrie faire Tarifverhandlungen und existenzsichernde Löhne zu ermöglichen. Wir als Unternehmen haben der kambodschanischen Regierung und dem nationalen Arbeitgeberverband gegenüber signalisiert, wie wichtig eine positive Entwicklung für uns ist und dass wir bereit sind, hier auch unsere Mitverantwortung zu übernehmen: Höhere Löhne werden wir in unseren Einkaufspreisen reflektieren und Produktivitätsprogramme in den Fabriken durchführen, damit diese wettbewerbsfähig bleiben. Damit wollen wir unterstützen, dass in den nächsten Jahren Rahmenbedingungen geschaffen werden, die es den Beschäftigten ermöglichen, ihre Rechte als Arbeitnehmer durchzusetzen. Dafür müssen Lieferanten, Unternehmen, Regierungen, Arbeitgeberverbände, Arbeitnehmerverbände und Nichtregierungsorganisationen zusammenarbeiten.

Warum engagieren sich die Unternehmen gemeinsam?

Eine Bezahlung, von der man leben kann und angemessene Arbeitsbedingungen sind aus unserer Sicht eine Grundvoraussetzung für dauerhafte, menschenwürdige und damit nachhaltige Lieferantenbeziehungen. Um hierfür die Grundlagen zu schaffen, arbeiten wir mit anderen Unternehmen zusammen. Denn ohne eine breite Unterstützung wird es einzelnen Firmen nicht gelingen, den notwendigen strukturellen Wandel herbeizuführen.

Nanda Bergstein Head of Vendoor Relations mit Anschreiben

Weshalb sollen Regierung und Arbeitgeberverbände mit ins Boot geholt werden?

Die Regierung kann rechtliche und politische Rahmenbedingungen für einen fairen Tarifverhandlungsprozess schaffen und dafür sorgen, dass das Verhandlungsergebnis durchgesetzt wird, z. B. durch die Umsetzung in gesetzliche Mindestlöhne, die den Lebensunterhalt der Beschäftigten decken und die Kontrolle der Implementierung auf Fabrikebene.

Die Regierung kann auch entscheidend unterstützen, indem sie verhindert, dass Lohnerhöhungen automatisch zu exorbitanten Miet- und Lebensmittelpreiserhöhungen führen, wie es zum Teil in Bangladesch der Fall war.

Auch die Arbeitgeberverbände spielen eine wichtige Rolle. Sie können durch den Einfluss ihrer Mitglieder dafür sorgen, dass die Rahmenbedingungen effektiv umgesetzt werden und die Regierung dabei unterstützen, dass die Vorgaben zu den Löhnen umgesetzt werden.

Erfolgt das Engagement in Kambodscha auf Kosten anderer Produktionsländer?

Wir engagieren uns nicht nur in Kambodscha, sondern in allen unseren wesentlichen Einkaufsmärkten. Tatsächlich ist Kambodscha einer unserer kleinsten Beschaffungsmärkte.

Wir sehen es aber als Teil unserer unternehmerischen Verantwortung, auch hier die gleichen Maßstäbe anzulegen. Dazu gehören immer eine Risikobewertung neuer Fabriken über eine Vorauditierung und die anschließende Einbindung als strategische Partner in unser WE Programm. Das Programm setzt auf Dialog und Kooperation zwischen Beschäftigten und dem Management für die Verbesserung von Arbeitsbedingungen mit dem positiven Nebeneffekt erhöhter Effizienz.

Das Programm führen wir mittlerweile in 300 Fabriken durch. Die Ergebnisse sind vielversprechend und der Aufbau von Beschäftigtenvertretungen ist ein Meilenstein in Richtung Gewerkschaftsfreiheit und kollektiver Tarifverhandlungen. Gleichzeitig haben wir mittlerweile festgestellt, dass der Erfolg selbst umfangreicher Qualifizierungsprogramme von politischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen in den Ländern abhängt. Daher setzen wir als dritten Baustein unserer Strategie verstärkt auf gemeinsame Initiativen mit Handelsunternehmen, den internationalen Gewerkschaftsverbänden und der Politik. Das Brandschutzabkommen in Bangladesch ist ein Beispiel hierfür. Die Initiative in Kambodscha ein weiteres Beispiel. Wir erhoffen uns von dieser Initiative Beispielwirkung für andere Einkaufsmärkte und werden unsere Bemühungen zusammen mit anderen Unternehmen weiter vorantreiben.