Biene auf Kaffeeblüte
Wenn nicht Coffein was dann?

Antwort Teil 2: Warum schmeckt Kaffee bitter?

Vergangene Woche schrieb ich hier, warum wir Kaffee und andere bittere Lebensmittel lieben lernen, obwohl (oder weil?) sie bitter sind

Kommen wir also zurück zur Bitterkeit bei Kaffee: Welchen Anteil hat das Coffein am Geschmack?

Früher galt die Faustregel, dass das Coffein im Kaffee etwa 10-30% seiner Bitterkeit ausmache. Das ist jedoch inzwischen überholt. Viele Kaffeetrinker werden bestätigen: Ein entkoffeinierter Kaffee schmeckt nicht unbedingt weniger bitter als ein regulärer, coffeinhaltiger. Auch die meisten professionellen Kaffeeverkoster erkennen ein entcoffeiniertes Kaffeegetränk nicht etwa am fehlenden Coffein-Geschmacksbeitrag, sondern vielmehr an einer Prozesstypischen „Bearbeitungsnote“. Was das ist? Das für diesen Prozess notwendige Auffeuchten und Rücktrocken der Rohkaffeebohnen kann bewirken, dass anschließend beim Rösten z.B. fruchtige Noten „gepusht“ (= gefördert) werden. Fehlen dem Kaffee-Sommelier entsprechende Hintergrundinformationen zu den Tassen, d.h. verkostet er komplett „blind“, dann kann es selbst dem Experten einmal passieren, dass er einen entcoffeinierten Kaffee nicht klar als solchen erkennt, weil eine starke fruchtige Note genauso ein Merkmal für ganz bestimmte Herkunftsländer sein könnte.

Biene auf Kaffeeblüte

Bitterkeit kommt aus der Röstung

Forscher an der TU München in Freising wollten es genau wissen und haben einmal den umgekehrten Versuch in Form eines so genannten Triangeltests gemacht: Drei Tassen wurden mit demselben handelsüblichen entcoffeinierten Kaffee befüllt. Einer Tasse fügten sie dann so viel reines Coffein hinzu, wie für eine reguläre, coffeinhaltige Tasse zu erwarten wäre. Es wurde blind verkostet, und die Testpersonen konnten nicht sagen, welche der drei Tassen das extra hinzugefügte Coffein enthielt. Damit nicht genug: Die Testpersonen sollten außerdem ein eigens aus ungerösteten Rohkaffeebohnen hergestelltes Getränk probieren. Der Sud hatte mit einer normalen Tasse Kaffee nicht viel gemein, wurde geschmacklich als heuartig bis erbsig, dabei etwas säuerlich, beschrieben – und: Trotz gleichen Coffeinanteils wie im Röstkaffee schmeckte das Rohkaffeegebräu überhaupt nicht bitter. Fazit: Die angenehme Kaffee-Bitterkeit muss vor allem aus der Röstung kommen und gar nicht so sehr vom bitteren Coffein.

Wird Kaffee hell geröstet, dann entstehen Lactone, die für eine weiche, angenehme Bitterkeit stehen. Wird Kaffee dunkel geröstet, bilden sich Indane, die eher herb-kratzige Bitternoten hervorrufen.

Was man bei der Diskussion um Bitterkeit im Kaffee außerdem nicht vergessen darf: Kaffee hat ja auch immer von sich aus eine gewisse Säure und es ist ja so, dass Säuregeschmack und Bitterkeit nicht unabhängig nebeneinander stehen, sondern einander beeinflussen: Je mehr Bitterkeit ein Kaffee mitbringt, desto weniger sauer erscheint er.

Weiße Tasse = bitterer Kaffee?

Nicht jeder trinkt seinen Kaffee pur, daher sollten Milch und Zucker hier nicht unerwähnt bleiben: Milchzugabe im Kaffee fängt bekanntermaßen einen gewissen Anteil des Bittergeschmacks auf, wobei nicht ganz klar ist, ob dieser Effekt auf Eigenschaften des Milchfetts oder auf andere Milchbestandteile zurückgeht. Und auch Süße - in Form von Zucker, Zuckerersatzstoff oder Sirup - beeinflusst die Bitterkeit: Verstärkt man das eine, drängt es jeweils das andere zurück.

Schließlich gibt es zum Bittergeschmack noch eine Erkenntnis aus der Psychologie, die erst einmal nichts mit den Geschmacksstoffen im Kaffee zu tun hat, sondern mit seiner Farbe bzw. mit der Farbe der Tasse. Die Forschung fand nämlich heraus: Schwarzes wirkt bitter-verstärkend, Rot mildert Bittergeschmack ab und Braun steht zwar nicht unbedingt für bitter, schwächt aber offenbar Süße ab. Australische Forscher gingen der Frage speziell in Zusammenhang mit Kaffee weiter auf den Grund, nachdem ihnen Barista berichtet hätten, ein Kaffee, getrunken aus einer weißen Keramiktasse würde bitterer schmecken als wenn er aus einer Glastasse getrunken würde. In den Tests wurden Kaffees zwar als „intensiver im Flavour“ beschrieben, wenn sie in weißer Tasse serviert worden waren, als wenn dieselben Kaffees aus durchsichtigen oder blauen Tassen konsumiert wurden. Hinsichtlich Bitterkeit und Tassenfarbe gab es aber kein klares Ergebnis. Es wurde vermutet, dass Bitterkeit und Flavour-Intensität in den Aussagen der Testpersonen miteinander vermengt wurden, da eine klare Unterscheidung dieser beiden Geschmackseindrücke nicht allen Kaffeetrinker leicht falle. Was lernen wir daraus? Wenn wir demnächst einmal der Meinung sein sollten, unser Kaffee sei zu bitter, sollten wir ihn uns vielleicht einmal in einer neuen Tassenfarbe servieren lassen, bevor wir dem Getränk die Schuld geben.