Dr. Bytof in seinem Kaffeelabor
Leben & Arbeit

Blick ins Labor: Was macht ein Kaffeewissenschaftler?

Liebe Blogleser, meinen Kollegen Tom Lange und mich kennen Sie schon, wir sind bekanntermaßen für den Kaffee-Einkauf in der ganzen Welt verantwortlich. Und natürlich für die Qualitätskontrolle sowie neue Mischungen. Heute möchte ich mich dem Thema Kaffee ganz wissenschaftlich annähern und meinen Kollegen Dr. Bytof vorstellen. Gerhard Bytof ist unser Kaffee-Wissenschaftler in der Abteilung Forschung & Entwicklung. Was er forscht, warum es so viele Studien zum Thema Kaffee gibt und warum Kaffee wirklich gesund ist, erzählt er hier.

Wie sieht Ihr Job genau aus?

Ich sehe mich eher als „Kaffeeversteher“ und weniger als Kaffeekenner. Mein Job dreht sich um die Frage, was Kaffee mit uns macht und warum er es macht.

Ihre Kernaufgaben?

Meine Hauptaufgabe besteht darin, Tchibo Forschungsprojekte zu koordinieren, dann die Ergebnisse zu sichten und auszuwerten. Daneben gehört zu meinen Aufgaben, den ggf. erforderlichen wissenschaftlichen Beitrag zu leisten, sobald Tchibo zu aktuellen Themen im Umfeld des Kaffees eine fundierte Position beziehen muss. Außerdem bin ich mit internen Tchibo Kaffeekompetenzschulungen betraut.

Wie forscht man über Kaffee?

Man muss zunächst darüber Bescheid wissen, was schon erforscht wurde und welche Fragen noch unbeantwortet sind. Dann sucht man relevante Themen heraus und fähige Leute, die man in einem spannenden Projekt zusammenführt, um am Ende die Ergebnisse zusammenzutragen. Geht es um Kaffeeinhaltsstoffe? Suche Dir jemanden, der weiß, wie man feststellt, wann, wieso, wie viel davon in der Kaffeebohne oder im Getränk zu finden ist. Geht es Dir um Kaffeewirkung? Nimm eine Gruppe von Kaffeetrinkern, die bereit ist, deinen Testkaffee zu trinken und anschließend Blutproben, Urinproben und notwendige Auskünfte abzugeben, um die vermutete Wirkung zu prüfen. Entscheidend ist die Koordination der Aktivitäten, ohne die eine zielführende Zusammenarbeit nicht möglich wäre.

Ihr persönlich größter Forschungserfolg?

Der steht mir hoffentlich noch bevor, sonst könnte ich ja aufhören. In meiner Zeit als Doktorand und Postdoc an der TU Braunschweig habe ich mich vor allem mit der Rohkaffeebohne beschäftigt. Bei der Untersuchung der Prozesse in der Bohne zwischen Ernte und Lagerung habe ich Pionierarbeit geleistet, da bis dato der Stoffwechsel der Kaffeebohne unterschätzt wurde.

In einem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützten Projekt haben wir bei Tchibo zusammen mit renommierten deutschen Forschungsinstituten in einer Studie mit gesunden Probanden zeigen können, dass deren weiße Blutkörperchen (Lymphozyten) nach vier Wochen Kaffeekonsum eine signifikant höhere Fitness zeigten als nach vier Wochen ohne Kaffee (Studie). Ein solches Ergebnis, dass die tatsächliche positive, zellschützende Wirkung im Körper aufzeigt, ist um ein Vielfaches höher einzuschätzen als alle ORAC-Werte, die ja die antioxidative Wirkung stets nur unter Reagenzglasbedingungen widerspiegeln.

Hier röstet Dr. Bytof die Kaffeebohnen zur Probe

Warum ist Kaffee ein dankbares Forschungsfeld?

Einige meiner Studienkollegen haben seinerzeit an der Pflanze Arabidopsis thaliana (Ackerschmalwand) geforscht. Sie ist die am häufigsten und am besten untersuchte Pflanze überhaupt, aber wer sonst hätte wohl davon gehört? Wer wollte je beim Smalltalk auf irgendeiner Party mehr darüber wissen? Sehen Sie: Da ergeht es mir mit Kaffee als Thema ganz anders.

Es gibt unglaublich viele Studien zum Thema Kaffee, warum ist das Gebiet so populär geworden?

Kaffee als Forschungsthema ist noch nie unpopulär gewesen. Bis in die 1990er Jahre, so kommt es mir manchmal vor, wollten sämtliche Forscher unbedingt beweisen, dass Kaffee krank mache. Meist fußten die entsprechenden Schlussfolgerungen auf Tierversuchen, in denen den armen Viechern z.B. Coffein- oder Kaffeemengen verabreicht wurden, die hochgerechnet auf den Menschen, mitunter einem täglichen Kaffeekonsum von 10 oder mehr Litern entsprächen.

Davon hat man sich gelöst, als man große Querschnitte der Bevölkerung (buchstäblich tausende) rückblickend über Ernährungsgewohnheiten und Lebensstil einerseits und erlittene Krankheiten anderseits befragte. Man stellte nämlich dabei fest, dass die Untergruppe der Kaffeetrinker ganz und gar nicht schlecht dastand: ein rein zufälliger Zusammenhang? Wohl kaum. Beim gut untersuchten Kaffee gibt es haufenweise Inhaltsstoffkandidaten, denen man wohlbegründet die eine oder andere positive Wirkung zutraut, allen voran das Coffein, das Vitamin B3 (Niacin) und seine Derivate, aber auch die Chlorogensäuren oder die Melanoidine.

Früher dachten alle, Kaffee sei schädlich, das hat sich gedreht aufgrund vieler Ergebnisse. Die wichtigsten?

Die frühere Vermutung, Kaffee könnte die Ursache für Krebs, Herzkrankheiten oder erhöhtem Blutdruck sein, gilt heute als überholt. Man darf aber auch nicht vergessen, dass nicht alle Menschen Kaffee gut vertragen, etwa weil sie bereits an einer Erkrankung leiden. Solche Personen sollten sich in jedem Fall stets mit ihrem Arzt beraten.

Wie gesagt, seit Mitte der 1990er verdichten sich die Erkenntnisse für statistische Zusammenhänge zwischen Kaffeekonsum und verringertem Risiko für Diabetes mellitus Typ 2, neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson oder für Erkrankungen der Leber. Es fehlt allerdings der direkte Nachweis, über welche Mechanismen Kaffee solche positiven Effekte in unseren Körpern bewirken soll. Ohne weitere entscheidende Erkenntnisse wird man bisher ehrlicherweise stets nur von deutlichen Hinweisen auf positive Effekte sprechen können.