Black and White: Am Kilimandscharo wird Nachbarschaftshilfe groß geschrieben.
Mensch & Verantwortung

Kaffeefarmerin Bente Luther-Medoch über den TV-Spot und Alltag am Kilimandscharo

Sicher ist Ihnen die große blonde Kaffeefarmerin in unserem neuen Privat Kaffee Werbespot aufgefallen? Es gibt sie wirklich! Bente Luther-Medoch ist vor gut 20 Jahren aus der norddeutschen Tiefebene nach Tansania ausgewandert, und seit gut 10 Jahren betreibt sie am Fuße des Kilimandscharo ihre eigene Kaffee-Farm (Machare). Kaffee aus Tansania ist ohnehin einer der Besten der Welt, der Kaffee von der Farm Machare welt-welt-klasse. Natürlich kaufen auch wir bei Tchibo Kaffee von Bente Luther-Medochs Farm, etwa für unseren Privat Kaffee "African Blue". Darüber hinaus ist die in der Region überaus geachtete "Mama Bente" mittlerweile aufgrund ihrer Patentheit auch über die Landesgrenzen hinweg bekannt. So besuchte eine Delegation der Mount Kenya Frauen Bente vor einigen Monaten, um von ihr zu lernen wie man optimale Öfen baut.

Vor einigen Tagen hatte ich das Vergnügen, die Do-it-yourself Frau persönlich kennenzulernen, denn ein bis zweimal im Jahr macht Bente Luther-Medoch mit ihrem Mann Ralph Heimaturlaub in Deuschland. Wir sprachen über ihren Kaffeekonsum, warum es besser ist nach 19.00 Uhr keine Autopanne am Kilimandscharo zu haben und wie sie mit den ungewohnten Dreharbeiten klargekommen ist. Übrigens: Die Arbeiter im Spot sind Bentes tansanische Nachbarn, die sowohl auf ihren eigenen wie auf der Farm Machare arbeiten. Der Einfachheit halber habe ich das Interview alpabetisch geordnet. Fangen wir also mit dem Alltag am Kilimandscharo an.

Alltag:

Jeden Morgen kocht mein Mann Ralph Kaffee. Unseren Kaffee natürlich! Dazu wählt er Rohkaffee aus unseren Beständen aus und röstet die Bohnen selber. Wir lieben dreifachen Espresso mit ein wenig Milch, nicht zuviel. Wir stehen mit dem Sonnenaufgang um 6.15 Uhr auf. Ich mache zunächst eine Stunde Sport auf der Terrasse, dazu nutze ich Sport-DVDs, Kickboxen zum Beispiel, auch Jazzdance. Dann esse ich ein Müsli – und trinke Kaffee – und ab geht’s auf die Farm. Alle Arbeiter haben dort ihren eigenen Aufgabenbereich. Ich beaufsichtige nicht, ich befehle nicht – ich diskutiere aber. Vor allem mit meinem Farm-Manager. Um 13.00 Uhr gibt es Mittagessen. Ich bevorzuge Quark mit Früchten und einen starken Kaffee. Die Tansanier essen meist eine Art Maispolenta – mit oder ohne gekochte Bananen, die so ähnlich wie Kartoffeln schmecken. Dazu gibt es frische Avocados oder Bananen von unserer Farm.

Nach dem Essen geht es bei den Pflanzen weiter bis etwa 18.30 Uhr, also bis zum Sonnenuntergang. Meine Mitarbeiter arbeiten natürlich nicht so lange, die Kollegen der Frühschicht haben ab 15.30 Uhr frei, die der Spätschicht um 18.30 Uhr wie ich. Um 19.00 Uhr essen Ralph und ich, entweder alleine oder mit Besuchern. Später sitzen wir noch auf der Terrasse und reden oder lesen. Einen Fernseher haben wir nicht, dafür einen Beamer. Ab und zu nutzen wir diesen, um Filme auf der Leinwand zu gucken.

Arbeitsteilung:

Unsere Arbeitsteilung ist klar: Mein Mann Ralph ist Händler und verkauft den Kaffee, den ich zuvor produziert habe. Wir könnten nicht zusammen arbeiten, denn zwei Kapitäne auf einem Schiff funktionieren bekanntlich nicht...

Aufbau:

Ich habe zehn Jahre gebraucht, um unsere Farm Machare aufzubauen. Nach drei Jahren habe ich zum ersten Mal gemerkt, dass ich auf dem richtigen Weg bin – jetzt sitze ich gewissermaßen fest im Sattel.

Autodidaktin:

Ganz am Anfang hat mir ein kenianischer Freund sehr viel Basiswissen über Kaffee beigebracht. Seitdem lese ich mir alles über Kaffee, Arabica Pflanzen, modernes Farm-Management, Zertifikation und Naturschutz selber an.

Deutschland:

Zurück nach Deutschland möchten wir nicht mehr freiwillig…

Essen und Gäste:

Mein Mann kauft einmal pro Woche in der Stadt Moshi ein, Gemüse und Obst ziehen wir selbst in unserem Garten, etwa Bohnen, Erbsen, Spinat, Gurken, Spargel, Salat, Kürbis, Avocados und Erdbeeren! Ich kann gut kochen, indisch, afrikanisch, deutsch – alles mögliche. Meine Haushilfe geht nachmittags um 14 Uhr, aber sie hilft mir bei der Vorbereitung des Essens und dem Gemüse putzen. Sind Besucher da, müssen auch die mit anpacken, es sei denn es sind Geschäftsleute (die haben in der Regel wenig Zeit). Wir haben ein offenes Haus mit einem großen Freundeskreis, oft sind Leute da. Manche machen eine Tour auf den Kilimandscharo oder eine Safari.

Frauen:

Ich möchte nicht mit den Frauen in Tansania tauschen. Meine Freundinnen dort sind vielen afrikanischen „Kulturzwängen“ unterworfen. Sie müssen etwa auf jede Beerdigung, egal ob sie den Verstorbenen gut kannten oder nicht. 1000 Menschen auf einer Beerdigung sind keine Seltenheit, das gleiche gilt für Hochzeiten, Konfirmationen, etc. Geht man nicht hin, sind die anderen beleidigt. Aber immerhin: Schlank muss hier niemand sein, im Gegenteil. Frauen sollten schon einige Kurven zu bieten haben. Interessant auch: Obgleich immer die Männer die Hausherren sind, gibt es mittlerweile auch etliche Frauen in hohen Positionen, in der Verwaltung und in Banken zum Beispiel.

Freiheit:

Ich kann abends nicht mal so einfach in die Stadt fahren, denn die Menschen auf dem Land gehen früh zu Bett. Kein Wunder, ab 19.00 Uhr ist es stockdunkel. Hätte ich eine Autopanne – und die hat man hier öfter, da wir nur alte Autos fahren – müsste ich den Reifen mit einer Taschenlampe im Finsteren wechseln. Eine echte Herausforderung, denn Straßenbeleuchtung gibt es hier oben am Kilimandscharo nicht. Auch weiß man nicht, auf wen man nachts so trifft. Diese Art von Freiheit – ohne Angst überall unterwegs sein zu können – gibt es in Deutschland, in Afrika nicht. In unserem Ort allerdings kann ich mich jeder Zeit alleine bewegen. In Afrika gilt einfach die Regel: Nach Einbruch der Dunkelheit zu Hause bleiben oder mit dem Auto fahren (und keine Panne haben).

Freunde:

Die meisten Ausländer, die wir kennenlernen, verlassen Moshi meist nach drei Jahren, weil ihre Verträge befristet sind. Das war für uns auf Dauer frustrierend. Jetzt haben wir vor allem tansanische und kenianische Freunde.

iPad:

Wir sind auf der Farm technisch auf dem neuesten Stand: iPad, Wireless Lan, Apple Computer, die Arbeiter unterschreiben sogar auf dem iPad – und wer nicht schreiben kann, wird fotografiert. Denn: Ich hasse Papier!

Jammern:

Wenn mir Leute in Deutschland erzählen wie schwer alles ist, rolle ich gerne mit den Augen. Denn das ist definitiv Jammern auf höchstem Niveau.

Kaffee:

Ich habe Jahre gebraucht, um meine jetzige Expertise zu erlangen. Ich bin jeden Tag auf dem Feld. Wir hatten nie Sponsoren, wir mussten fit und flexibel sein, um mit wenig Geld viel zu erreichen. Was unseren Kaffee so speziell macht, ist die Natur, die ihn umgibt. Die Urwaldnähe, die riesigen Schattenbäume, der vulkanische Boden und vor allem die Liebe, mit der er aufbereitet wird. Ich kann mir gut Dinge theoretisch ausmalen und diese dann umsetzen. Wie zum Beispiel eine optimale Wasserversorgung oder Öfen, die wenig Holz verbrauchen. Damit kann ich auch meinen Nachbarn helfen. Diese haben mir schon oft gesagt, dass sie gern mit mir zusammen hier am Berg alt werden möchten. Darauf bin ich stolz.

Klamotten:

In meinem Kleiderschrank hängen sechs Arbeitshosen, Cargohosen mit vielen Taschen, dazu Hemden, Stiefel und Flipflops. Ich habe eine deutsche und eine afrikanische Garderobe. Abends ist es mir wichtig aus den Arbeitsklamotten rauszukommen. Kleider trage ich übrigens nie.

Klimawandel:

Ein Problem! In den letzten Jahren wurde am Kilimandscharo eine Hitze gemessen wie sie sonst nur in Somalia üblich ist.  Es gibt weniger Wasser und Regen. Ich pflanze viele Schattenbäume, helfe meinen Nachbarn bei der Bewässerung. Wir stecken unser ganzes „Kaffeegeld“ in neue Bewässerungssysteme, um überhaupt weitermachen zu können.

"Kolonialismus" Kritik im Netz zum TV-Spot:

Alle meine Arbeiter haben selber eine eigene kleine Farm, ein Familienmitglied arbeitet zusätzlich meist bei mir. Wir haben 100 permanente Arbeiter und noch einmal 200 dazu während der Erntezeit. Sie alle sind meine Nachbarn, alle kommen freiwillig und werden natürlich bezahlt. Wenn der Kaffee plötzlich schneller reif wird als gedacht und ich mehr Leute zum Pflücken brauche, hängen wir Rundbriefe an die Wände der Dorfläden. Und wer will kommt dann zu uns zum Arbeiten.

Wir hatten tatsächlich früher eine riesige Arbeiterhaus-Siedlung auf unserer Farm, da in der Kolonialzeit fast nur Arbeiter aus anderen Regionen hier arbeiteten. Damals, am Anfang des 19. Jahrhunderts, haben die Chaggas (so nennt sich der Stamm hier am Kilimandscharo) es vorgezogen von ihren eigenen Farmen zu leben.

Inzwischen habe ich die Hälfte der Häuser abgerissen. In den Verbliebenen haben die acht Arbeiter, die von weither kommen, jeder ihr eigenes Zimmer. Und wir haben den Lehrern der benachbarten Schulen Zimmer zur Verfügung gestellt.  Aber wie geschrieben: Die meisten meiner Arbeiter kommen heutzutage aus unserer direkten Nachbarschaft. Wir haben ein sehr freundliches Verhältnis zueinander und respektieren uns gegenseitig.

Kunden:

Meine Kunden kommen aus Japan, England, Deutschland und den USA. Jeder ist auf seine Art sehr kritisch. Doch was die abgenommene Menge betrifft: Wir könnten das Dreifache produzieren.

Panik:

Was man in Afrika lernt: Ruhig bleiben in Situationen, in denen man sonst panisch würde. In Afrika zum Beispiel hat man natürlich nicht so eine Sicherheit, was das Investment betrifft. Zuweilen wird zum Beispiel ein neues Gesetz in Kraft gesetzt oder geändert, und das gerne z Jahre rückwirkend. Wir haben immer Angst um unsere Farm. Aber wir können es ja nicht ändern, unser ganzes Geld haben wir in Machare gesteckt.

Tanja Blixen:

Ich möchte nicht mit Tanja Blixen verglichen werden. Damals ging es kolonial zu, ich aber arbeite komplett anders. Ich bin liberal. Mein Manager und seine Assistenten kommen aus unseren Nachbardörfern. Nur der Manager selbst hat einen 3monatigen Landwirtschaftskurs besucht - alle anderen hatten keine Berufsausbildung bevor sie zu mir kamen. Alle Drei sind heute Teilhaber in unserer Firma. Ich verlange auch nie, dass meine Arbeiter oder Manager morgens um sieben beginnen. Ich entscheide nie über ihre Köpfe hinweg. Wenn wir uns uneinig sind, dann machen wir einen Versuch und entscheiden dann zusammen, wann dieser Versuch beendet ist.

TV-Spot:

Die Dreharbeiten haben viel Spaß gemacht! Aber ich hätte gerne mehr von den Arbeitern im Spot gesehen. Es war natürlich nicht ganz einfach 25mal hintereinander das gleiche Lächeln hinzubekommen. Das mache ich ja wahrlich nicht jeden Tag. Auf der Farm sagen jetzt alle gerne „Äktschn!“ Ich habe mich gut mit der Tchibo Filialdame Nicole Margraf verstanden, wir haben nach wie vor Kontakt. Allerdings war die Verständigung während des Drehs schwierig, da wir ja immer wegen der Mikros verkabelt waren. Alle konnten mithören… Was auch Vorteile hatte! Zum Schluss hatte ich mich nämlich so an die Verkabelung gewöhnt, dass ich mir das Leben angenehmer machen konnte. Ich sagte also wie zu mir selbst, dass jetzt ein Stück Schokolade wirklich toll wäre, und tatsächlich, wir mussten nicht lange warten…

Vermisst:

Früher vermisste ich das Radio, das ist ja heute kein Problem mehr dank Internet. Auch vermisse ich manche Joghurts oder mal eine Ausstellung zu besuchen. Bücher nehme ich aus Deutschland per Koffer mit. Denn Onlineshops wie Tchibo liefern hier am Berg in Afrika natürlich nicht…