Reife Kaffeekirschen im Hochland Guatemalas
Kaffee & Leidenschaft

Kaffeewissen: Kaffee kennt Höhen und Tiefen

Dr. Gerhard Bytof

Mein Name ist Gerhard Bytof, ich bin Biologe, seit 2007 bei Tchibo in der Kaffee-Forschung tätig und beschäftige mich mit den Inhaltsstoffen der Kaffeebohne und ihren Wirkungen.

Ich habe auch schon vorher, in meiner Zeit als „Postdoc“ (neudeutsch für: promovierter Wissenschaftler) an der TU Braunschweig an Kaffee geforscht und dabei mit Tchibo eng zusammen gearbeitet: Im Rahmen mehrerer gemeinsamer Projekte, die auch Feldversuche im Anbauland erforderten, unternahm ich Reisen nach Afrika sowie nach Mittel- und Südamerika. Ziel des Ganzen war, mehr über die Natur der Aromaqualität von Kaffee zu erfahren.

Da gibt es natürlich schon ganze Regale voller niedergeschriebenen Wissens, aber eben auch noch zahllose offene Rätsel. Wichtig für mich war stets, auch die Erfahrungen und Kenntnisse der Einkäufer und Kaffeekenner einerseits (sie können die Qualität eines Kaffees am besten beurteilen) und die der Kaffeefarmer andererseits (sie kennen die zugehörige Geschichte eines Kaffees: Wie das Wetter war, wie der Boden oder die Wasserversorgung usw.) mit einfließen zu lassen. Was lernt man dabei? Dass Kaffee ein einzigartiges Naturprodukt voller Vielfalt ist - und dass es noch viel mehr darüber zu lernen gibt!

Kaffee kennt Höhen und Tiefen

Häufig werde ich darauf angesprochen, was eigentlich das besondere an einem Arabica Hochlandkaffee ist. Nun: Kaffeepflanzen gedeihen sowohl im Tiefland (bis 600 m) als auch im Hochland (von 600 m bis über 1.800 m). In höheren Lagen reifen die Kaffeefrüchte jedoch langsamer, das macht die Bohne fester und „härter“ – ein Kennzeichen gehobener Qualität. So verwundert es nicht, dass die aromatischen Arabicas im Hochland wachsen, während die pflegeleichteren und anspruchsloseren Robusta-Kaffees im Tiefland angebaut werden. Aber keine Regel ohne Ausnahme: Es gibt auch hochwertige Arabicas, die im Tiefland angebaut werden, zum Beispiel den berühmten Kona auf Hawaii.

So manche Anbauregion ist sehr stolz auf ihre für den Kaffeeanbau prädestinierten Lagen, in denen exquisite Arabicas produziert werden. Qualitäts-bezogene Ausdrücke werden oftmals direkt von der Anbauhöhe abgeleitet. In Costa Rica oder Guatemala z.B. wird das hervorragende Qualitätsmerkmal s.h.b. (=“strictly hard bean“) nur an solche Bohnen vergeben, die auf mindestens 3900 ft (=1200 m) Höhe gewachsen sind. Ist es dann auch tatsächlich gelungen, die volle Qualität solcher Bohnen bis zu Ihrer Ankunft in Hamburg zu erhalten (es kann ihnen ja unterwegs durchaus noch vieles zustoßen, was am Ende die Tassenqualität beeinträchtigen würde), dann freut sich der Röstmeister über eine „kralle“ Bohne ohne Fehl und Tadel. Bitte was? Genau: krall. Dieser Begriff aus dem Kaffee-Fachvokabular bedeutet: die rohe Bohne ist so fest und so dicht gewachsen, dass der Schnitt auf der flachen Seite der Bohne ganz eng verlegt ist, wobei sich die Kanten oft sogar überlappen. Solch eine kompakte Bohne trägt das Versprechen erlesenster Aromen in sich, die sich dann unter fachkundig abgestimmten Röstbedingungen entfalten können.

Dr. Gerhard Bytof, Tchibo Forschung & Entwicklung Kaffee