Ankunft auf der Farm Machare in Tansania. Kaffeefarmerin Bente Luther-Medoch freut sich über den Besuch aus Kenia.
Mensch & Verantwortung

Mount Kenya Project: zu Besuch am Kilimandscharo!

Warum Purity Zugang zu Wasser, Mary eine Kuh, Esther einen Stall und Regina Unterstützung für ihre Aidswaisen braucht - darüber haben wir in den vergangenenen Wochen berichtet. Mittlerweile hat sich bei unserem Tchibo Mount Kenya Project schon einiges getan, die aktuellen Fortschritte erfahren Sie in unserem Projekt-Tagebuch. An dieser Stelle möchte ich ein anderes Thema anreißen: Kochen in Kenia! Um mich nicht falsch zu verstehen: das Essen am Mount Kenya ist fabelhaft. Und glücklicherweise herrscht in dieser Region keine Hungersnot. Aber: WIE (nicht was) die Frauen kochen, verstörte uns. Denn meist wird auf offenem Feuer gegart, und dieses lodert in einer abgeschlossenen Kochhütte vor sich hin. Es versteht sich, dass die Frauen den ganzen Qualm ständig einatmen und dadurch krank werden.

Das muss nicht sein! Bente Luther-Medoch, unsere Tchibo Kaffeefarmerin am Kilimandscharo und ein norddeutsches Gewächs(!), betreibt in Tansania schon lange Ofenbauprojekte für die Farmer vor Ort. Da der Mount Kenya nur eine Tagesreise entfernt liegt, organisierten wir kurzerhand mit Projektleiter Bernard Njroge einen 3-Tagestrip an den Kilimandscharo zu Bentes Farm Machare. Mit im Bus natürlich auch Purity, Mary, Esther, Susan und Regina! Neugierig wie wir sind, haben wir auf Machare angerufen und Bente nach ihren kenianischen Gästen befragt.

Eine Busladung voll Kenianer zu Besuch - wie hast Du unsere Reisegruppe erlebt?

Bente Luther-Medoch: Sie war sehr motiviert, es hat unheimlich Spaß gemacht. Die Frauen haben sich auch bei den Dörflern super integriert. Ich muss sagen, insgesamt waren das ganz tolle drei Tage.

Wie haben sich die Kenianer mit den tansanischen Farmern verständigt?

Bente Luther-Medoch: Bestens! In Suaheli.  Ihr Suaheli war besser als ich dachte. Im Vokabular fehlten zwar ein paar Worte, aber die Tansanier wissen ja, welche Worte schwierig sind.

Am ersten Besuchstag habt Ihr Öfen gebaut - wie lernt man das so schnell?

Bente Luther-Medoch: Vormittags haben die Kenianer beim Ofenbauen zugeschaut. Wir haben eine Reihe von Öfen gebaut. Die Farmerfrauen haben Maße genommen und alles "ganz brav" aufgeschrieben. Am Nachmittag legten sie in Einzelgruppen selbst Hand an. Natürlich waren unsere Farmer dabei und haben geholfen. Selber machen ist in jedem Fall besser als nur zugucken, das behält man im Kopf.  Unser Prinzip ist so einfach, dass die Frauen die Öfen auch selber bauen können, dazu brauchen sie keine Handwerker.  Die Kenianerinnen waren auch wirklich begeistert. Einige haben direkt gesagt, sobald sie nach Hause kommen, bauen sie sich innerhalb der nächsten Woche so einen Ofen.

Dann ging es weiter mit dem Wasserprojekt?

Bente Luther-Medoch: Am zweiten Tag haben wir morgens ein Wasserprojekt besucht, das an einer Quelle liegt.  Jedes "Intake", also jede Wasserentnahmestelle sieht anders aus.  Es kommt darauf an, wie das Wasser abgefangen werden soll. Deshalb wollte ich den Kenianerinnen die Quelle zeigen. Auch hatten sie dort die Gelegenheit mit den Leuten, die das Wasser nutzen, zu sprechen und ihnen Fragen zu stellen. Etwa:  Habt ihr genug Wasser? Funktioniert das? Was macht ihr mit dem Wasser – benutzt ihr es nur als Trinkwasser oder dient es auch zum Bewässern der Pflanzen?

Es stellte sich allerdings heraus, dass die Menschen am Mount Kenya das Wasser eher aus Flüssen entnehmen, nicht aus Quellen. Also sind wir am Nachmittag zu einem Fluß Intake gewandert. Ein abenteuerlicher Marsch, da wir durch sehr hohes Buschgras und dichtes Unterholz mussten. Am Intake waren alle komplett überrascht. Ich auch, als ich hörte, dass in Kenia der ganze Fluss gestaut wird, wenn Wasser entnommen werden soll.  Das kostet doch wahnsinnig viel Geld!

Wir haben ein anderes System: Wir ziehen in Tansania nur einen kleinen Teil des Wassers an der Seite des Flußes ab.  Auch nutzen wir relativ kleine Rohre. Ebenso ein "Aha" Erlebnis für die Kenianerinnen: Man braucht keine Riesenrohre!  Auch waren sie davon beeindruckt, dass das Wasser, was nicht gebraucht wird, zurück in den Fluss fließt.

Dein Workshop war gut gefüllt, weiter ging es mit der Deiner Baumschule?

Bente-Luther-Medoch: Ja, am dritten Tag haben wir unsere Baumschule mit ihren einheimischen Bäumen besucht. Die Kenianerinnen haben verglichen, ob diese Bäume auch in Kenia wachsen. Sie haben sogar ein paar Setzlinge mitgenommen, auch wenn ich befürchte, dass sie diese nicht über die Grenze bekommen. Fragen waren auch: Verkauft ihr die Bäume? Wo pflanzt ihr sie? Ein besonderes Problem in Kenia: Viele Bäume trocknen weg. Also heißt es, kein Mutterboden für Bäume am Fluss, lieber steinige Erde. Bei Sonne jeden Tag gießen. Der afrikanische Busch ist ziemlich intensiv.  Wenn man Bäume anpflanzt, die noch zu klein sind, werden sie vom Busch überwältigt. Man muss einheimische Baum-Sorten finden, die den Wetterbedingungen standhalten und trotzdem schnell wachsen.

Von Bäumen zu Müll - auch ein großes Problem in Afrika?

Bente Luther-Medoch: In unserem Dorf hängen lauter Mülleimer, die ich aus meinen alten Düngercontainer gefertigt habe, damit die Leute ihren Müll da reinschmeißen können. Mülleimer gibt es hier sonst nämlich nicht und auch keine Müllabfuhr. Das heißt, seit der Erfindung der Plastiktüte sind diese nicht weggebracht worden. Wenn Straßen erneuert oder Gärten umgegraben werden, stößt man immer wieder auf Plastiktüten.  Um die loszuwerden, verbrennen die Menschen sie  normalerweise zu Hause. Man kann sich den langsamen stinkenden Schwelbrand vorstellen.

Was wir nun machen:  Wir haben Verbrennungsöfen nachgebaut, wie sie bereits in lokalen Krankenhäusern zu finden sind.  Der Ofen wird 1000 Grad heiß, Flaschen schmelzen.  Natürlich wird der schwarze Rauch nicht optimal gefiltert, dennoch ist diese Methode besser als die vielen kleinen privaten Schwelbrände.  Das Müllverbrennungssystem fanden auch unsere Gäste aus Kenia interessant. Allerdings habe ich ihnen klargemacht, dass man zum Bau Experten braucht.

Die Frauen aus Kenia kamen in Festtagskleidung, unpraktisch bei Wanderungen oder beim Ofenbau!

Bente Luther-Medoch: Ja, ich habe natürlich Bescheid gegeben, dass eher praktische Kleidung angebracht wäre. Aber es hat sich niemand daran gehalten. Die Farmerfrauen kamen alle in Sonntagskleidung aus dem Bus inklusive Perücken. Das ist doch jetzt nicht wahr, war mein erster Gedanke. Der Chairman sagte nur, die haben nicht auf uns gehört, da war nichts zu machen. In ihren Handtaschen hatten die Frauen allerdings alle ein Tuch dabei, dass sie sich um Kopf und Hüften gebunden haben. Keine hat sich beim Ofenbau davor gescheut die Hände in den Lehm zu stecken und zu matschen.  Und sie hatten überall Lehm, im Gesicht, in den Haaren, überall.

Es gab nur eine Verstimmung zwischen den Leuten, wegen der Kühe?!

Bente Luther-Medoch: Generell haben sich die meine tansanischen Farmer mit unserem Besuch aus Kenia super verstanden. Nur eine Sache führte zu etwas Ärger. Als wir gerade von einer Wasserstelle zurückkamen, sahen die Kenianerinnen wie die Leute hier ihre Kühe halten.  Das ist wirklich ein Punkt, der auch für uns Europäer nicht verständlich ist: Die "Chaggas" (die Tansanier) sperren ihre Kühe komplett ein, es ist dunkel und die Kuh kommt  ihr Leben lang nicht raus, bis sie geschlachtet wird. Die Kenianer wohnen ja unter den gleichen Bedingungen, halten ihre Kühe aber draußen. Deshalb waren die Kenianerinnen wirklich sauer und haben ein bisschen geschimpft. Aber da hörten die Tansanier nicht drauf, ich habe es schon oft genug versucht.

Reist Du bald an den Mount Kenya um Dich von den Fortschritten zu überzeugen?

Bente Luther-Medoch: Die Farmerfrauen aus Baragwi wollten unheimlich gerne, dass ich sie besuchen komme. Ich habe in Kenia ja auch zweieinhalb Jahre gelebt. Ich könnte mir vorstellen, dass die Frauen besonders bezüglich der Wasserprojekte noch Rat gebrauchen könnten. In einem Jahr wollen sie mir berichten, was aus den Projekten geworden ist -  falls ich es bis dahin nicht dorthin geschafft habe. Ich bin in jedem Fall sehr gespannt, wieviele von ihnen sich einen Ofen bauen werden!

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