Tchibo WE Projekt

Auf einen zweiten Kaffee mit: Philipp A. Thode von Love Green

Es wird Zeit einmal wieder mit Philipp A. Thode Kaffee zu trinken. Der Gründer der Medieninitiative Love Green (die über positive (!) grüne Konsum-Themen online und im TV berichtet) wünscht sich, dass vor allem große Unternehmen langsam aber sicher eine "hellgrüne" Färbung annehmen. In vielen Bereichen ist uns das sicherlich schon gelungen. Heute aber möchte ich mit dem Experten in Sachen nachhaltiger Kommunikation über das WE Projekt sprechen. Das Tchibo Trainingsprogramm zur Verbesserung von Arbeitsbedingungen in Schwellen- und Entwicklungsländern existiert nun seit acht Jahren. Regelmäßig berichten wir über den aktuellen Stand, Erfolge und weitere Ziele. Doch auch ein Blick von außen, im besten Falle von einem (grünen) Medien-Experten, kann da hilfreich sein.

Lieber Herr Thode, viel haben wir nun zu unserem WE Projekt kommuniziert. Was halten Sie als Medien-Experte davon?

Ph.A.Thode: Das WE Projekt gefällt mir persönlich sehr gut. Ich befürchte jedoch, dass Endverbraucher noch Schwierigkeiten haben werden, das Vorhaben im Detail zu verstehen. Auch wenn Greenpeace mit seiner Detox-Kampagne sowie die Textilfabriken in Bangladesch große Themen in der Öffentlichkeit waren und teilweise noch sind. Mir gefällt Ihr Dialog-Ansatz vor Ort. Denn wenn ich Tchibo direkt mit Love Green vergleichen wollte (was ja nicht unbedingt geht), haben wir eigentlich den gleichen Anspruch: Wir gehen in den Dialog, informieren die Menschen und wollen sie für das Mitmachen begeistern.

Ich kann mir vorstellen, dass es gelingen kann, wenn man die Mitarbeiter in den Entwicklungsländern soweit motiviert, dass sie bereit sind sich fortzubilden, die Stimme zu erheben und mit den Vorgesetzten zu kommunizieren. Was mich überrascht hat ist, dass Sie das WE Programm schon seit 2007 am Start haben - das war mir in den vergangenen Jahren gar nicht aufgefallen. Offenbar hat Tchibo lange Zeit Vorarbeit geleistet, bevor Sie damit nach draußen gegangen sind. Gerade aus strategischer Sicht gefällt mir Ihr Vorgehen.

Was haben Sie noch nicht am WE Programm verstanden?

Ph.A.Thode: Mir ist noch nicht ganz klar, wie das WE Programm in den Fabriken angenommen wird. Wenn Sie auf die Fabrikbesitzer zugehen, trauen die sich dann wirklich von heute auf jetzt Mitbestimmung in ihren Unternehmen zuzulassen? Warum machen sie das? Liegt es daran, dass Tchibo ein so wichtiger Kunde für sie ist?

SC: Von heute auf morgen klappt das nicht, sondern es ist ein Prozess. Auch deshalb läuft das WE Programm mindestens zwei Jahre. Viele Fabrikbesitzer machen anfangs einfach mit, weil wir sie als Kunde darum bitten; da es ja nichts kostet, haben sie nichts zu verlieren. Im Laufe der Zeit – für den einen nach einem Workshop für den anderen erst nach Monaten – stellen sowohl Manager als auch Beschäftigte fest, dass sie selbst davon profitieren. Die Fabrikbesitzer erkennen, dass auch der Input von Mitarbeitern hilft, sich wirtschaftlich weiterzuentwickeln. Zum einen haben die Mitarbeiter gute Ideen; zum anderen führt Mitarbeiterbeteiligung aber auch zu erhöhter Zufriedenheit – oft steigen damit die Leistungen und die Mitarbeiter verlassen das Unternehmen nicht so schnell. Die sinkende Fluktationsrate wiederum ist ein guter Indikator, dass im WE Programm die Themen verbessert werden, die den Beschäftigten wichtig sind. Denn in vielen asiatischen Ländern ist die Fluktuationsrate hoch und das Fabrikmanagement hat ein großes Problem, dass angelernte und erfahrene Mitarbeiter regelmäßig den Betrieb verlassen.

Ph.A.Thode: Tatsächlich sind die ersten Rückmeldungen von den Mitarbeitern ja positiv. Genau solche Rückmeldungen braucht es meiner Meinung auch, im Sinne eines Vorzeigemodells, dass sich auch andere Fabrikbesitzer und vor allem auch weitere Mitarbeiter trauen, an dem WE Programm teilzunehmen. Als Vertreter von Love Green interessiert mich natürlich besonders, was Sie für den Umweltschutz vor Ort tun. Inwiefern spielt der Schutz der Umwelt beim WE Programm schon eine Rolle?

SC: Wir sind dabei, dasThema stärker zu integrieren. In WE gibt es einen Workshop zu den Themen Ressourcenschonung, Klimaschutz und den Aufbau eines Umweltmanagements. Darüberhinaus stellen wir unseren Fabriken nach und nach auch die Online-Tools der Carbon Performance Improvement Initiative (CPI2) zur Verfügung; damit können Fabriken ihren Energieverbrauch und CO2-Ausstoß verringern und neuerdings auch zum Thema Abwasser- und Chemikalien-Management arbeiten, worin wir uns ja auch im Greenpeace Detox-Commitment verpflichtet haben.

Ph.A.Thode: Die Haltung von Tchibo, dem Textilbündnis erst später beizutreten, fand ich sehr konsequent. Mir schien, Sie haben bewusst so lange gewartet bis die Eckpunkte klar definiert waren. Oder gab es für Sie andere Beweggründe?

SC: Das haben Sie richtig erkannt. Für uns war es auch wichtig, auf einen verbindlichen Aktionsplan hinzuarbeiten, dem sich auch andere große Handelsunternehmen anschließen können; denn nur in einer Allianz können wir eine breite Wirkung erzielen.

Ph.A.Thode: Ich finde es spannend zu beobachten, wie Tchibo das Thema Nachhaltigkeit schrittweise angeht. Ich kann mir gut vorstellen, dass es gerade für Verbände und NGOs schwierig ist wenn nicht alles sofort passiert. Ab und zu erhalten wir bei Love Green Rückmeldungen von Lesern oder Fernseh-Zuschauern die sich beklagen, dass es gerade bei großen Unternehmen nicht schnell genug geht mit der Nachhaltigkeit. Wir versuchen dann immer zu erklären, dass es für ein kleines Unternehmen, wie beispielsweise coffee circle, relativ einfach ist zu sagen, wir haben 100% nachhaltigen Kaffee. Auch das ist natürlich eine tolle Leistung und wir brauchen solch engagierte Start-Ups. Auf der anderen Seite sollten wir jedoch auch immer bedenken, dass bei großen Firmen die Umstellung auf 100% nachhaltige Produkte nicht von hier auf jetzt gehen kann. Wenn aber Tchibo inzwischen 40% nachhaltigen Kaffee anbietet, wird ja viel mehr an Menge bewegt als bei einem kleinen Röster. Von daher war unser Ansatz bei Love Green auch immer, die Großen zu bewegen voranzugehen. Denn wenn alle nur ein bisschen etwas ändern, erreichen wir gemeinsam eine ganze Menge. Getreu unseres Mottos: Wir retten die Welt. Jeder ein bisschen.

Zurück zum WE Programm, was gefällt Ihnen hier besonders, was nicht?

Gut finde ich persönlich natürlich, dass Sie jetzt auch versuchen das Programm auf Umweltaspekte auszudehnen. Ich bin wirklich gespannt, ob es Ihnen gelingt, Fabrikarbeiter dazu zu bewegen, dass sie aufstehen und sagen, diese Chemikalien wollen wir nicht mehr nutzen! Das wäre ein Riesenerfolg, der sicherlich nicht von heute auf morgen erreicht werden kann.

Berichten Sie viel über Themen aus Asien bei Love Green?

Ph.A.Thode: Nein, über Umweltschutz in Asien haben wir noch nicht viel berichtet. Auch weil mir nicht viele Projekte dort bekannt sind, über die wir positiv berichten könnten - denn bei Love Green gibt es ja grundsätzlich nur gute Nachrichten. Wir haben natürlich über die Anfangs-Erfolge der Detox Kampagne berichtet, als die ersten Unternehmen sagten, wir sind jetzt auch dabei. Aber so eine Bekundung reicht ja nicht allein, da müssen auch Taten folgen.

Was könnte beim WE Programm Ihrer Ansicht noch verbessert werden?

Ph.A.Thode: Ich finde die Kommunikation zum Endverbraucher noch zu kompliziert. Sie haben einen wunderschönen Film gemacht, handwerklich wirklich toll. Aber mir fehlen in dem Film die persönlichen Geschichten der Menschen. Ich hätte gerne mehr vom Leben der Protagonistin erfahren. Denn Menschen interessieren sich nun einmal vor allem für andere Menschen. Und über solche Geschichten könnten Sie dann direkt, auf emotionale Weise, die Botschaften des WE Programms an die Endverbraucher kommunizieren.

Zur Person: Philipp A. Thode ist einer der beiden Gründer von Love Green. Gestartet als Medien-Initiative bietet Love Green mittlerweile redaktionellen Content auf unterschiedlichen Online-Kanälen und im Fernsehen an. Zudem ist Philipp A. Thode Strategy Director beim internationalen Kreativ-Netzwerk UnitedSenses.