Mensch & Verantwortung
Gastbeitrag Dr. Hajo Schumacher

Das Filmgeschäft und die Sache mit den Tchibo Menschenrechten

Hallo, ich bin Hajo Schumacher und es kommt häufiger vor, dass ich kostbare Lebenszeit auf Podien zubringe. Aber nicht jede Gesprächsrunde liefert bahnbrechende oder wenigstens nachdenkenswerte Erkenntnisse. Das Tchibo-Podium bei der #greenactorslounge in Berlin war da im besten Sinne anders. Schon das Thema, die Verknüpfung von glamouröser Schauspielerei und harter Arbeit in fernen Ländern, brachte eine überraschende Einsicht: Der Machtmissbrauch von meist mächtigen Männern gegenüber meist weniger mächtigen Frauen funktioniert in Hollywood und Bangladesch nach ganz ähnlichen Mustern.

Wirklich erhellend aber war das Beispiel von Julia Thimm, die eine simple Methode schilderte, mit der dieses weltweite Tabu-Thema in asiatischen Nähereien sicht- und spürbar gemacht wird: Alle Beteiligten, vom Manager bis zur kleinen Angestellten, bekommen in einer großen gemeinsamen Runde dieselben beiden Fragen gestellt. Erstens: Erinnere Dich an einen Moment, wo Du jemanden anderen diskriminiert hast. Zweitens: Erinnere Dich an einen Moment, wo Du Dich diskriminiert gefühlt hast. Die Antworten werden aufgeschrieben und hinterher wahllos und anonym vorgelesen. Der Vorteil dieser Methode: Nicht die Schuldfrage steht im Mittelpunkt, sondern das Empfinden anderer Menschen. Die Psychologie spricht von Perspektivwechsel; man versetzt sich in die Gefühlswelt anderer Menschen. Plötzlich wird Diskriminierung erfahrbar, Reflexionen und womöglich Verhaltensänderungen kommen in Gang.

Esther Roling und Leslie Malton2

Ich fragte daraufhin die beiden Schauspielerinnen Leslie Malton und Sara Sommerfeldt, ob diese Methode nicht auch am Filmset hilfreich sein könnte. Bevor die Dreharbeiten überhaupt losgehen, bildet die ganze Crew, vom Stullenschmierer bis zur Regisseurin, vom Hauptdarsteller bis zum Beleuchterin, einen Kreis und jede/r beantwortet diese beiden Fragen. Dann werden die Antworten wahllos und anonym verlesen. Vielleicht kein schlechter Start, um die kommenden Wochen respektvoll miteinander umzugehen. Eine gute Idee, fanden die beiden #metoo-Aktivistinnen. So kann Globalisierung also auch funktionieren: Das glamouröse Filmgeschäft lernt von Antidiskriminierungsstrategien aus ganz anderen Kulturkreisen. Endlich mal ein Podium mit Erkenntnisgewinn.

Hier noch einige Bilder von der Green Actors Lounge: