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Auf die Plätze, fertig, los: am Start mit Laufprofi Achim Achilles

Schnell, schneller, am schnellsten: Am 8. Oktober geht unsere Herbst- Lauf-Wochenwelt wieder an den Start. Da der Beitrag "Auf einen Kaffee mit... Achim Achilles" letztens so gut ankam, schnappten wir uns den sportlichen Spiegel-Kolumnisten erneut. Meine laufbegeisterten Kollegen löcherten Herrn Achilles, alias Dr. Hajo Schumacher, mit Fragen zu Distanzsteigerung, Schienbeinknochen, Trainingsplan und "Puste weg". Die Antworten wie immer famos, einzigartig und atem(be)raubend.

Achim Achilles und die Cool Running Crew

Tchibo Läufer 1:

Wie viel Distanzsteigerung sollte man je Einheit maximal realisieren? Mir wurde einmal gesagt, dass es nur 10-20% sein sollten.

Achim Achilles: Tja, Sportsfreund, vergessen wir am besten die Faustregeln und gehen pragmatisch an die Sache heran: Wer in vier Monaten einen Halbmarathon schaffen will, sollte in drei Monaten an die 20 Kilometer am Stück schaffen. Wenn heute nur acht drin sind, bedeutet das: Strecke pro Woche um einen Kilometer verlängern. Wer keinen Wettkampf im Auge hat, sollte mal was ganz Verwegenes probieren und einfach laufen wie sie oder er Lust hat: mal nur drei, dann wieder 15 Kilometer. Und wer wirklich gut werden will, der macht einmal die Woche einen richtig schnellen Trainingslauf oder Intervalle, einmal einen langen Lauf und zwei entspannte Einheiten. Kostenlose Trainingspläne gibt´s übrigens auf www.achim-achilles.de.

Beim Laufen "zieht" es vorne am Schienbeinknochen, was kann man tun? Kein Asphaltlaufen, andere Schuhe oder irgendetwas anderes?

Achim Achilles: Kenne ich, hatte ich auch mal. Kann an den Schuhen liegen, an einem chronisch verkrampften Fuß mit hochgezogenen Zehen oder aber an übermäßigem Training. Regel eins: Nie in den Schmerz hineinlaufen. Regel zwei: Schuhe wechseln, barfuß auf dem Rasen traben. Regel drei: Bewusste Pause von drei Tagen machen und gucken was passiert. Sind die Beschwerden unverändert da, führt kein Weg am Arzt vorbei. Regel vier: Medizinische Tipps von Achilles mit Vorsicht genießen, denn er ist kein Arzt; Ferndiagnosen sind ohnehin oft Voodoo.

Ich laufe bis zu meinem gefühlten Limit und mache dann noch 5 Minuten weiter. Wann sollte eigentlich Schluss mit einer Einheit sein? Wenn die Puste weg ist, wenn der Muskel brennt, wenn man noch weiterlaufen könnte?

Achim Achilles: Gute Frage: Der Esoteriker sagt: Unbedingt ganz bewusst im Hier und Jetzt spüren und auf keinen Fall den Chakren Schmerzen zuführen. Also aufhören, sobald es anstrengend wird. Der Fremdenlegionär sagt: Solange bis man Blut kotzt und dann noch 20 Kilometer. Der Praktiker sagt: Training ist´s erst, wenn´s weh tut. Alles vorher war nur warmup. Achilles sagt: Ausprobieren macht Spaß. Ich will wissen, wie mein Körper reagiert, wenn ich mich fast in die Bewußtlosigkeit renne. Manche Sportsfreunde haben das Talent, sich total zu verausgaben; ich höre immer schon vorher auf. Warum nicht einfach mal testen, wo die Grenzen sind. Jugend forscht halt.

Tchibo Läufer 2: 

Mich interessieren weitere gute Ausreden zum Behalten alter Laufschuhe bzw. Argumente für den Kauf von weiteren neuen, haben Sie welche?

Achim Achilles: Jeder Schuh erzählt ganz wunderbare Geschichten von Siegen, von Niederlagen, von Dramen, von Pfützen, Hunden, Walkern. Laufschuhe sind wie Fotoalben, ein Ausschnitt des Lebens. Nicht wegwerfen, sondern in eine Glasvitrine stellen, mit Punktstrahlern. Nur leider sind sie irgendwann mal durch, erfüllen also ihre Schutz- und Stützfunktion nicht mehr. Außerdem wird jede Farbe schnell alt. Also: neue kaufen und alte behalten sind keine Gegensätze.

Tchibo Läufer 3:

Wie häufig sollte ich als Anfänger in der Woche Laufen gehen und wie lange sollten die Einheiten sein, ohne dass ich es jetzt gleich übertreibe?

Achim Achilles: Gegenfrage: Wie alt? Wie schwer? Wie fit? Wie Laune? Es gibt Talente, die flitzen gleich viermal die Woche je zwölf Kilometer. Und dann gibt es normalere Exemplare, die nach den ersten 300 Metern jede Marlboro der letzten acht Jahre spüren. Also: erstmal testen, was so geht. Am Anfang ist es hilfreich, im Wechsel eine Minute zu laufen, eine Minute zu gehen. Je nach Fortschritt wird der Neuling ziemlich bald 30 Minuten am Stück schaffen, also Laufen.

Zwei Dinge sind wichtig: Spaß haben und dranbleiben und Verletzungen vorbeugen. Deswegen sollte jede Strecke so gestaltet sein, dass der Anfänger hinterher noch weiterlaufen könnte. Nur dann ist genügend Restfreude vorhanden, um am nächsten Tag weiterzumachen. Profis trainieren gern in Blöcken, also zwei oder drei Tage nacheinander, dann einen Tag Pause. Drei Einheiten pro Woche zwischen 30 und 60 Minuten sind schon mal ganz gut.

Sollte ich direkt zu einer Laufanalyse oder kann ich erstmal ein paar Wochen mit ein paar günstigen Laufschuhen (z.B. Vorjahresmodell) beginnen?

Achim Achilles: Sorry, aber Laufanalysen sind etwa so informativ wie der Blick in die rückwärtige Öffnung eines Brathähnchens. Mit einem Paar nicht allzu schwerer Neutralschuhe macht jemand, der keine brutal schiefen Knochen hat, erstmal nichts verkehrt. Es gilt die alte Regel: Egal, was man sich zulegt, das erste Paar ist sowieso immer falsch. Deswegen relativ bald ein zweites und drittes Paar anschaffen und immer durchwechseln. Fakt ist: Laufschuhe sind inzwischen derart ausgereift, dass es wirklich schlechte kaum noch gibt. Alles andere lernt man nicht durch einige Meter Gehoppel im Geschäft, sondern frühestens nach 5 Kilometern.

Tchibo Läufer 4:

Können Sie mir einen Tipp geben, wo man einen vernünftigen Trainingsplan herbekommt? Mich interessiert ein Plan, wie ich 5000 m in 20-21 Minuten hinbekomme. Der Trainingsplan sollte insgesamt über 8-12 Wochen gehen.

Achim Achilles: Ganz einfach: Ein- bis zweimal die Woche Intervalle über 200, 400, 800 Meter in 3:30min/km, gern auch flotter. Präziser werden die Pläne auf achim-achilles.de. Auch der alte Haudegen Peter Greif hat auf seiner Website einige stramme Pläne für umsonst. Aber bitte Vorsicht, gerade die älteren Mitbürger: Wenn die Gräten solche Belastungen nicht gewohnt sind, drohen ernste Verletzungen. Es gilt auch hier die Drittel-Regel: ein Drittel wird deutlich schneller, ein Drittel erlebt einen Mix aus Rückschlägen wegen Blessuren und gelegentlichen Triumphen und ein Drittel holt sich bleibende Schäden.

Einen Lauftrainer kann ich mir nicht leisten, für Laufgruppen alltags hab ich leider nicht die Zeit bzw. kann nicht zu einer vorgegebenen Uhrzeit/ Datum parat stehen. Somit bin ich also immer sehr individuell und täglich zu anderen Uhrzeiten allein aktiv. Internet-Links gibt´s en masse, aber welches ist der richtige Plan / Link zu einem solchen?

Achim Achilles: Ich empfehle total uneigennützig die Anschaffung des E-Books „Die besten Lauftrainings der Welt“ von einem gewissen Achilles. Aber wahrscheinlich haben Sie auch keinen E-Book-Reader. Vielleicht einen leihen. Oder E-Book ausdrucken lassen. Da kann man sich über verschiedene Trainingsphilosophien informieren. Und dann das Standardwerk des betreffenden Meisters anschaffen. Ich rate zu Dr. Matthias Marquardt.

Tchibo Läufer 5:

Wie sollte man idealerweise Lauf- und Krafttraining kombinieren?

Achim Achilles: Gute Frage, schwere Frage, zumal auch ästhetische Aspekte eine Rolle spielen. Wer Keulen wie Ben Johnson haben will, der legt die Doppelzentner bei der Beinpresse auf. Wer´s etwas schlanker mag, absolviert wöchentlich zweimal eine Runde durch die Bein-Geräte und macht mit niedrigen Gewichten viele Wiederholungen. Merke: Wenn´s weh tut, war´s zuviel. Langsam steigern. Fortgeschrittene achten auf dynamische Bewegungen und langsame Rückkehr. Wenn der Stahl scheppert, läuft was falsch. Am allerwichtigsten: jeden Morgen Stabilisationsübungen, also Seit-, Vorder-, Rückenstütz, Kniebeugen, Situps und, jawohl, Rumpfbeugen, gern auch, in aller Vorsicht, mit der Langhantel. Aber bitte beachten: Bei Knieschäden sind Kraftübungen hoch riskant, vor allem die Kniebeugen. Auf achim-achilles.de haben wir gute Pläne von Matthias Marquardt.

 

Lieber Achim Achilles, danke für die Tipps von der Tchibo Belegschaft!